Die Aussage ist klar: Ein Coaching ist keine Psychotherapie und kann sie auch nicht ersetzen. Für ein Coaching sind die Voraussetzungen bei Klienten eine normale psychische und körperliche Gesundheit sowie Stabilität und Belastbarkeit. Was hierbei im ersten Augenblick mit dem Wort «normal» etwas banal klingen mag, ist tatsächlich ein relevanter Aspekt, der für eine einwandfreie Tätigkeit als Coach in Betracht gezogen werden muss.
Im Verlauf dieses Blogposts gehen wir näher darauf ein, worauf Coaches im Gespräch mit ihren Klienten vorbereitet sein sollten, um bei auffälligen Äusserungen angemessen und hilfreich zu reagieren. Mit entsprechenden Fragen und Vorbereitungen können Coaches dafür sorgen, stets in ihrem Kompetenzbereich zu agieren.
Gratwanderungen zur Psychotherapie frühzeitig erkennen
Im Coaching sind die Grenzen zur Psychotherapie oftmals fliessend. Veranschaulichen wir dies exemplarisch am Beispiel «Burn-Out». Dieses Thema ist mittlerweile auch zum Alltagsgeschäft von tätigen Coaches geworden. Während es den einen Klienten gelingt, die Belastung aus eigener Kraft zu bewältigen, verharren andere über Monate in Zuständen der Angst und Sorge – bis hin zu depressiven Verhaltensweisen oder gar Selbstmordgedanken.
Fachlich gesehen hat der Psychotherapeut in diesem Beispiel die besseren Voraussetzungen, diese Situation des Klienten einzuschätzen. Hierfür spricht seine fundierte Ausbildung in Psychologie, Psychopathologie und psychotherapeutischen Interventionsmethoden. Dazu kommt eine regelmässige Supervision, um sicherzustellen, dass der Klient die angemessene Unterstützung bekommt.
Fragen für den Coach
Ein Coach hat in der Regel eine Ausbildung in einer oder mehreren Methoden absolviert, die in der Wirksamkeit einer Psychotherapie kaum nachstehen. Als prominente Beispiele sei an dieser Stelle Hypnose, NLP, integratives EMDR und emotionsfokussierte Therapie (EFT) zu nennen. Gleichzeitig ist der Coach von Zeit zu Zeit mit den folgenden Fragen konfrontiert, ohne sich dessen bewusst zu sein:
- Wie ist die «normale» Gesundheit, Stabilität und Belastbarkeit des Klienten?
- Wo liegen die Grenzen meiner eigenen Kompetenzen als Coach?
- Wen sollte ich – im Notfall oder bei berechtigtem Verdacht – an einen Psychotherapeuten weiterverweisen?
- Wie wirken Medikamente und welchen Einfluss haben sie?
- Wie gehe ich mit Äusserungen zu Themen wie Suizid, Depression oder Sucht um?
Dies sind Fragen, die meist nur mit entsprechender Bildung beantwortet werden können und für Psychotherapeuten selbsterklärend sind. Dies ist auch von rechtlicher Seite nicht unerheblich, denn Unwissen schützt nicht vor Strafe. Rechtlich gesehen gilt nämlich: Wer das Feld des sicheren Könnens verlässt, riskiert bei einem eintretenden Schaden den Vorwurf der Körperverletzung oder der unterlassenen Hilfeleistung.
Vorbereitung im Fall der Fälle
Hin und wieder sehen sich Coaches damit konfrontiert, dass Klienten mit schwerwiegenden psychischen Problemen lieber zu ihnen ins Coaching kommen, als zu einer Psychotherapie. Dies ist eine wertvolle Erkenntnis, um den Berufszweig «Coach» für den Fall der Fälle entsprechend vorzubereiten und eine professionelle Form der Durchführung sicherzustellen. Folgende Checkliste hilft dabei, die Grenze zwischen Coaching und Therapie klar vor Augen zu behalten und für den entscheidenden Moment vorbereitet zu sein:
- Seriöse Anamnese mit Fragenkatalog durchführen
- Adressen für Notfallmassnahmen bereithalten (Stichwort: Zwänge, Suizid, Alkoholmissbrauch, Sucht etc.)
- Mit Psychotherapeuten zusammenarbeiten
- Intervision & Supervision nutzen
- Psychologisches Grundwissen aufbauen
- Psychopathologisches Grundwissen aufbauen
Resümée
Damit ein Coaching für Coach und Coachee nicht zur Gratwanderung wird, sind demnach vereinzelte Vorbereitungen unerlässlich und ein wichtiger Bestandteil für die Kompetenzen als Coach:
- Ein erster wichtiger Schritt ist eine grundlegende Anamnese zu Beginn des Coachings. Hierbei lassen sich schon erste Eindrücke sammeln, um ein planvolles und zielführendes Coaching durchzuführen.
- Ein nennenswerter Eckpfeiler ist zudem der Aufbau eines psychopathologischen sowie psychologischen Grundwissens. Dies unterstützt jeden Coach darin, auffällige Persönlichkeitsmerkmale von Klienten besser zu verstehen, einzuschätzen und diesen adäquat zu begegnen.
- Der Aufbau eines Netzwerks zu Psychotherapeuten festigt weiterführend die Seriosität eines Coaches. Im Fall der Fälle lassen sich so Notfallmassnahmen schnell und gezielt ergreifen und Klienten können auf vertrauensvoller Basis weitervermittelt werden.
Die Unterscheidung zwischen Coaching und Psychotherapie sollte somit bewusst anerkannt werden und dabei das Wohl des Klienten im Vordergrund stehen. Der Klient markiert dabei die besondere Schnittstelle, an welcher sich Coach und Psychotherapeut für eine gedeihliche Arbeit am Wohl und der mentalen Gesundheit des Menschen die Hände reichen sollten.