Die gesprochenen Worte sind ein guter Indikator dafür, was im Innern eines Menschen vor sich geht. Wenn wir auf diese Worte achten, unbewusste Regeln in Frage stellen, können wir den Hebel der Veränderung richtig ansetzen und leichter Erneuerungen mit Klient*innen erreichen.
Die ersten Worte, wie es beginnt …
Früh in der Kindheit beginnen wir, mit ersten Worten unsere Erfahrungen in einen Rahmen zu stellen. Wir lernen dabei, Objekte und Menschen mit Worten zu assoziieren. Mama und Papa sind dabei vielleicht die ersten Worte, die wir lernen. Wenn wir dann die Mama sehen, assoziieren wir, wen wir sehen, mit dem Wort „Mama“. Wenn wir einen Zug sehen, zeigen wir auf ihn und sagen: „Zug“.
Später lernen wir Sätze zu konstruieren. „Ich habe Hunger“ ist ein Satz, den wir als Kind vermutlich häufig verwendet haben. Das ist Basiskommunikation: Wenn wir uns im Inneren hungrig fühlen, kommunizieren wir das, indem wir „Ich bin hungrig“ sagen. Aus unserem Erfahrungswissen wissen wir, dass die Chance, dann gefüttert zu werden, relativ gross ist.
Und schon sind es Erfahrungen
Diese bewusstere Kommunikation ist das Ergebnis, wenn wir uns überlegen und entscheiden, was wir mit gesprochenen Worten erreichen wollen. Nach ersten Denkprozessen verwenden wir Worte, von denen wir hoffen, dass wir damit das gewünschte Resultat erreichen. Zum Beispiel der folgende Denkprozess: „Ich fühle mich hungrig. → Ich weiss (Erfahrungen), ich muss das jemandem sagen, um etwas zum Essen zu bekommen.“ Der darauffolgende Satz „Ich bin hungrig“ erfüllt die Aufgabe und Nahrung erscheint auf einer Gabel.
Während wir uns im Leben weiterentwickeln, verknüpfen wir unbewusst Worte mit Erfahrungen. Wir erleben z. B. einen umwerfend traumhaften Moment bei einem Spaziergang am See. Von diesem Zeitpunkt an etikettieren wir Seespaziergänge mit „traumhaft“. Und jedes Mal, wenn wir uns an diesen Moment erinnern, erinnern wir uns gleichzeitig an das Wort „traumhaft“.
Nehmen wir einmal an, dass uns jemand zu einem späteren Zeitpunkt auf einen Spaziergang an einen See einlädt. Wir denken dann gleichzeitig: „Das wäre traumhaft“, und erinnern/erleben dann diese Erfahrung ein weiteres Mal.
Konstruierte Lebensregeln
Wir verknüpfen mit allem in unserem Leben Worte und Sätze. So auch, wenn wir uns im Leben entscheiden, was wir können und was wir nicht können. Das machen wir, indem wir eben „können“ und „nicht können“ neben unsere Entscheidung stellen.
Was jemand willentlich verbergen will, sei es nur vor anderen, sei es vor sich selber, auch was er unbewusst in sich trägt: Die Sprache bringt es an den Tag. – Victor Klemperer (1881 – 1960)
Angenommen, jemand ist Rechtshänder und versucht mit der linken Hand zu schreiben. Die Person findet das vielleicht nicht besonders einfach. Dann trifft sie unbewusst die Entscheidung, dass sie dies nicht kann und schliesst künftig die Option aus, mit der linken Hand zu schreiben.
Wenn z. B. einer Deiner Klient*innen sagt, dass sie/er vor einer Gruppe von Menschen keinen Vortrag halten kann, dann können wir davon ausgehen, dass die Person in der Vergangenheit zumindest einmal die Erfahrung gemacht hat, dass ein Vortrag nicht wie geplant gelaufen ist. Danach hat die Person entschieden, dass sie/er es nicht kann. Von diesem Zeitpunkt an erinnert sich die Person an dieses erste Mal und assoziiert „Ich kann keinen Vortrag halten“ mit dieser Erfahrung. Und das vielleicht ohne es bewusst zu realisieren.
Auf diesem Weg werden Regeln in unserem Leben konstruiert. Diese Regeln sind wortwörtlich in Stein gemeisselt, bis wir diese wieder bewusst machen und somit hinterfragen können.
Achte auf Hinweis-Worte in der Sprache
Ein Weg, diese in Stein gemeisselten Regeln zu identifizieren, ist, sehr genau auf die verwendete Sprache und Worte zu achten. Dabei stehen hier besonders Modaloperatoren im Fokus. Dies sind spezifische Worte, die auf eine Generalisierung hinweisen, mit der Menschen ihre subjektiv erlebte Welt beschreiben.
Es gibt drei Gruppen von Modaloperatoren
- Modaloperatoren der Notwendigkeit:
- Notwendigkeit: sollen, müssen, … notwendig etc.
- Negative Notwendigkeit: sollte nicht, müsste nicht etc.
- Modaloperatoren der Möglichkeit:
- Möglichkeit: dürfen, können, wollen etc.
- Unmöglichkeit: nicht dürfen, nicht können, nicht wollen etc.
- Modaloperatoren der Wahrscheinlichkeit:
- Wahrscheinlichkeit: hätte besser, vermutlich, könnte, dürfte etc.
- Unwahrscheinlichkeit: hätte besser nicht, vermutlich nicht, könnte nicht, dürfte nicht etc.
Du kannst diese Wörter in Deinen Worten und in den Worten von anderen entdecken. Und somit kannst Du die Regeln identifizieren, die sich so geformt haben. Diese Regeln können wahr sein oder können auch nicht wahr sein. Du kannst damit in Coaching und Therapie für Deine Klient*innen und Dich mehr Erfolge erreichen, wenn Du bewusstere Entscheidungsprozesse erreichen kannst.
Stelle Regeln in Frage
Dies tust Du, indem Du die Konsequenz hinterfragst und so tieferliegende Strukturen aufdeckst.
Beispiele:
- Wir können es nicht schaffen. → Was hält uns davon ab?
- Als Frau darf man das nicht. → Wer hält Frauen ab, das zu tun?
Und auch im Gespräch kannst Du diese Regeln verdeckt aufdecken. Es empfiehlt sich, das jedoch nur mit einem Coachingauftrag zu machen.
Du musst nur darauf achten, wie Sätze konstruiert sind. Damit könntest Du realisieren, dass bereits damit in Stein gemeisselte Regeln in Frage gestellt werden.
Du solltest jetzt bereits in der Lage sein, diese Regeln aufzudecken. Und Du könntest künftig mehr darauf in der Sprache und den Worten anderer achten, um Deine Klient*innen und ihre Welt besser zu verstehen. Es besteht durchaus die Möglichkeit, dass Du damit Deine Klient*innen besser in ihren Prozessen begleiten kannst. Mit bewusster Kommunikation und erhöhter Wahrnehmung dürfte dem nichts mehr im Weg stehen.