Wir nehmen unsere Umwelt, die Realität, über unsere fünf Sinne wahr: sehen, hören, fühlen, riechen, schmecken. Wenn du z. B. weisst, mit welchem seiner Sinne dein Gegenüber Informationen hauptsächlich verarbeitet, kannst du deine Kommunikation entsprechend gestalten, um besser verstanden zu werden – indem du entsprechende Worte und Formulierungen verwendest.
„Titanic“ sehen, hören und fühlen
Deine Sinne setzt du auch dabei ein, wenn du die Wirklichkeit der erlebten Welt in deinem Innern abbildest oder konstruierst. Das Gehirn macht nämlich keinen Unterschied zwischen „wirklichen“ und konstruierten Erlebnissen. Diese „Erfahrungen“ werden in deinem Gehirn abgespeichert – und zwar sortiert in die einzelnen „Sinnesschubladen“, wo du sie jederzeit wieder herausholen bzw. dich daran erinnern kannst.
Wir nutzen in unseren Erfahrungen all unsere fünf Sinne. Dabei hat man im NLP herausgefunden, dass jeder Mensch einen Wahrnehmungssinn bevorzugt. In dieser „obersten Sinnesschublade“ – denn dort kommen wir am besten heran – werden die meisten Referenzen abgelegt. Und beim Erzählen und Erinnern werden wir die Schublade am häufigsten öffnen. Das zeigt sich darin, dass wir Erlebtes sinnesbezogen hauptsächlich so wiedergeben, wie wir es bevorzugen.
Nehmen wir mal die berühmte Szene aus dem Film „Titanic“, als Leonardo di Caprio mit Kate Winslet am Bug des Schiffes steht. Rufen wir uns diese Szene ins Gedächtnis, geschieht das bevorzugt über unseren Hauptwahrnehmungssinn: Menschen, die mit Vorliebe über das Sehen wahrnehmen, visualisieren die ausgebreiteten Arme von Kate und den rötlichen Schein der Sonne über dem Meer. Jene, die sich bevorzugt aufs Hören konzentrieren, erinnern sich erst an die Worte „Ich fliiiiieeeege“ von Kate und haben die Melodie des im Hintergrund gespielten Songs im Ohr. Leute, bei denen das Fühlen sehr ausgeprägt ist, empfinden die tiefe Beziehung zwischen den beiden Hauptdarstellern und spüren den Wind auf der Haut.
So öffnest du die „Sinnesschubladen“ deiner Gesprächspartner
Dr. Richard Bandler und John Grinder haben früh durch Versuche herausgefunden, dass man den Fokus auf die drei Sinne bzw. Repräsentationssysteme «Sehen» (visuell), «Hören» (auditiv) und «Fühlen» (kinästhetisch) reduzieren kann.
Wenn du während eines Gespräches erkennen kannst, zu welchem Sinn dein Gegenüber bevorzugt tendiert, verstehst du dessen internen Prozesse. Entsprechend könntest du deine Kommunikation bewusster steuern und dich für ihn verständlicher ausdrücken. Damit du weisst, welchen Sinn dein Gegenüber mit Vorliebe erlebt und wahrnimmt, kannst du auf verschiedene Merkmale achten. Hast du dann erkannt, welche „Sinnesschublade“ von ihm bevorzugt wird, passt du deine Worte entsprechend an:
Visueller Sinn
Menschen, bei denen das «Sehen» sehr stark ausgeprägt ist, sprechen häufig sehr schnell – fast „ohne Luft zu holen“. Auch ihre Bewegungen sind schnell und Entscheidungen fallen sie gerne von einem Moment zum andern. Zudem haben sie eine höhere Stimmlage und machen kurze Atemzüge in den Brustbereich hinein. Man könnte meinen, dass die inneren Bilder nicht schnell genug beschrieben werden können.
Diese Menschen wollen ihre Umgebung scharf wahrnehmen und kneifen deshalb häufig ihre Augen zusammen. Sie kleiden sich oft auffällig und sind Macher und Leistungsträger. Ein weiteres Anzeichen ist das Zeigen mit dem Zeigefinger. Beim Sprechen verwendet sie eher „visuelle“ Formulierungen wie Überblick gewinnen, im Auge behalten, sich ein Bild machen, vor meinem inneren Auge oder unter die Lupe nehmen.
Wenn du visuelle Begriffe im Gespräch nutzt, können dich diese Menschen besser verstehen. Ihr trifft euch – sprichwörtlich – auf dem gleichen Sinn. Male quasi Bilder mit deinen Worten und – wenn möglich – veranschauliche das Ganze auch optisch. Frage deinen Gesprächspartner: „Wie sehen Sie das?“ Zeige ihm, worum es dir geht. Beispielsweise mit einer kleinen Zeichnung, einem Foto, Film oder ähnlichem. Tipp: Bei einer Präsentation nutzt du am besten Beamer, Power-Point oder andere visuelle Mittel, um diese Menschen zu begeistern.
Auditiver Sinn
Personen, die in hohem Mass zum «Hören» tendieren, sprechen bedächtig und mit Pausen sowie mit einer angenehmen, ruhigen Stimme. Sie wählen ihre Worte sorgfältig. Ihre Atemzüge sind lang und gleichmässig in den unteren Bereich des Brustkorbs oder Bauchbereich. Ausserdem bewegen sie sich gemächlich und langsam. Diese Menschen analysiert auch gerne, entscheiden vorsichtig und neigen ausserdem zu inneren Dialogen. Sie kleiden sich eher unauffällig, sind eher introvertiert, aber gute Erzähler. Ihre bevorzugten Formulierungen könnten beispielsweise lauten in Einklang bringen, stumm wie ein Fisch, hört sich gut an, ich bin ganz Ohr.
Mit Menschen, bei denen das Hören sehr ausgeprägt ist, musst du vor allem reden. Verwende dabei möglichst viele auditive Begriffe, um das Ganze zu unterstreichen. Frage nach: „Wie hört sich das an für Sie?“ Geht es um eine Präsentation, berichte deinem Gesprächspartner, was andere Menschen über dein Produkt sagen. Verwende Zitate und Meinungen und sprich immer klar und deutlich sowie mit wirkungsvollen Pausen. Vielleicht kannst du deine Argumente mit Klängen untermalen oder Musik im Hintergrund laufen lassen.
Kinästhetischer Sinn
Menschen, bei denen das «Fühlen» dominiert, sprechen langsam und machen eher lange Sprechpausen – sie wollen erst fühlen, was sie sagen möchten. Meist haben sie eine weiche, tiefere Stimme und atmen tief in den Bauch mit langen Atemzügen. Diese Menschen bewegen sich – trotz oft korpulentem Körper – geschmeidig, sind eher introvertiert und tragen unauffällige Kleidung. Sie benötigen Zeit für ihre Entscheidungen und sind eher vorsichtig, aber auch friedfertig. Sie sind typische Menschenversteher und gute Zuhörer, da sie sehr einfühlsam und empathisch sind. Typische Begriffe sind beispielsweise: Das ist nicht zu fassen, da lacht das Herz, mir stockt der Atem, beim Schopfe packen oder da werde ich die Fäden ziehen.
Bei einem Gespräch mit einer Person, die sehr „gefühlsbetont“ lebt, nutzt du natürlich hauptsächlich kinästhetische Begriffe – das ergibt für sie „buchstäblich“ Sinn. Gehe auf ihre Gefühle ein, wenn sie sie äussert. Oder frage sie danach: „Wie fühlt sich das für Sie an?“ Erzähle gefühlsbetonte Geschichten und stehe gefühlsmässig hinter dem, was du sagst. „Kinästhetische Menschen“ haben nichts gegen Körperkontakt – also schüttele ihm die Hand oder nutze andere harmlose Berührungen. Bei einer geschäftlichen Präsentation betonst du, wie andere Menschen durch dein Produkt grosse Unterstützung erfahren haben.
Erfahren, wie deine Mitmenschen „ticken“
In einer Übung in unserer Hypnose Ausbildung vor ein paar Jahren ging es darum, die Problemstellung für das gewünschte Ziel herauszuarbeiten. Susanne* erklärt als Coachee, dass sich der Konflikt mit ihrem Chef im Geschäft so anfühlte, als sei sie auf dem Schafott. Dass sie „wie isoliert“ sei, wie sie sagte. Oliver* nahm den Input auf und sagte: „Ich kann mir gut vorstellen, wie das aussieht. Eine schlimme Szene.“
Für einen Moment herrschte wahrnehmbare Stille. Susanne runzelte die Stirn und ergänzte Olivers Aussage mit: „Das ist ein grässliches Gefühl.“ In dem Moment machte es auch bei Oliver „Klick“. Susanne erklärte nach der Übung, dass sie sich einen Moment lang missverstanden fühlte – was den Rapport behinderte. Oliver reagierte mit einem visuellen Begriff, während Susanne offensichtlich vorwiegend in kinästhetischer Sinnesverarbeitung agierte.
Im Training unter Coaches ist das selten tragisch. In einem Coaching kann ein Missverstehen auf der Ebene den Prozess erheblich erschweren.
Was du machen kannst, ist, die Prozesse der Sinnesverarbeitung bei deinem Gesprächspartner zu erkennen. Selbstverständlich sind diese nicht absolut. Wenn du besser verstanden werden willst und andere Menschen besser verstehen möchtest, dann kannst du das Modell der Repräsentationssysteme dazu verwenden.
Vielleicht achtest du die nächsten Tage darauf, welche Worte deine Gesprächspartner bevorzugt nutzen und wählst deine Formulierungen entsprechend ihres Systems aus. Dann wirst du merken, wie sie in ihrer Welt funktionieren, deinen Argumenten besser folgen und wie du besser kommunizieren kannst.
* Name geändert.