Hypnose ist seit Langem populär und erfährt von Mal zu Mal besondere Aufmerksamkeit – sei es in Fernsehserien, Comicverfilmungen oder in Filmen selbst. Der erste Film, in dem die Methode Hypnose zur Kernhandlung gehörte, war Svengali (1930) mit John Barrymore in der Hauptrolle (sehenswert).
Daher sind das, was Menschen über Hypnose lernen, leider keine Fakten, sondern Unterhaltungselemente von Bühnen- und Show-Acts. Aber eine Show ist nicht annähernd angemessen, um zu zeigen, was Hypnose in Wirklichkeit Gutes tun kann. Daher hier 9 Fakten dazu, was hinter Hypnose steckt, was sie ist und was Hypnose nicht ist.
9. Hypnotische Suggestibilität
Die Kunst der Hypnose nutzt einen suggestiblen Zustand, in der eine Person in Hypnose den unterstützenden Anweisungen folgt, den der Hypnotiseur gibt. Die Anweisungen, die der Hypnotiseur gibt, fördern den Klienten dabei, die Aufmerksamkeit ganz auf sich zu richten (d. h. nach innen zu richten), um ruhevoll, konzentriert und mit klaren Gedanken Lösungswege für sich zu erkennen und in Angriff zu nehmen.
Die hypnotische Suggestibilität kann durch verschiedenen Faktoren unterstützt werden. Hierzu zählen
- … das Vertrauensverhältnis zwischen Hypnotiseur und Klient. Im Coaching wird dies auch Rapport* genannt.
- … die Fähigkeit des Hypnotiseurs, eine entspannte und beruhigende Umgebung zu schaffen.
- … die persönliche Offenheit und Vorstellungskraft des Klienten.
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*Rapport: Rapport ist ein Begriff aus der Psychologie und Kommunikationsforschung, der den Zustand einer vertrauensvollen Beziehung zwischen zwei Personen beschreibt. Es bezieht sich auf eine gegenseitige Verbindung, bei der ein Gefühl von Verständnis, Respekt und Zusammenarbeit herrscht. Rapport wird in verschiedenen Bereichen angewendet, einschliesslich Therapie, Coaching und im Allgemeinen in der zwischenmenschlichen Kommunikation. Das Ziel eines guten Rapports besteht darin, eine vertrauensvolle und angenehme Atmosphäre zu schaffen, in der eine effektive Kommunikation und Zusammenarbeit stattfinden können (vgl. Dorsch, 2021).
8. Showhypnose
Wie oben angedeutet, wird in populären Medien Showhypnose genutzt, um zu unterhalten. Die landläufige Meinung über Hypnose ist daraus, dass Menschen in Hypnose kontrolliert werden und machtlos seien, wenn Kunststücke vollzogen werden.
Dem ist allerdings nicht so. Es ist viel eher so, dass man in Hypnose eine erhöhte Kontrolle über seine „innere Welt“ hat und seine Aufmerksamkeit zu lenken.
Showhypnose funktionieren aufgrund ihrer besonderen Merkmale. Das beginnt damit, dass Show-Hypnotiseure zu Beginn bestimmte Übungen mit dem Publikum machen. Diese dienen als erste Vorauswahl, um besonders empfängliche Menschen für die „Hypnose-Vorführung“ zu finden. Verschränken manche Menschen während der Show ihre Arme, werden sie aussortiert, da sie dem Show-Hypnotiseur wenig Neugier und Motivation an der Vorführung signalisieren. Der entscheidende Faktor bleibt allerdings der Mitmach-Effekt. D. h. die ausgewählte Person steht im Rampenlicht und Mittelpunkt. Demnach sind sowohl die Befürchtung, sich selbst und den Show-Hypnotiseur zu blamieren, hoch als auch die Bereitschaft, den Anweisungen und Aufforderungen auf der Bühne und vor Publikum zu folgen (vgl. Alman & Lambrou, 2015; Ewert, 2019; McGill, 2004).
Showhypnose ist eine Kombination aus geschickter Schaustellerei mit leichter beeinflussbaren Personen und die Nutzung von gruppendynamischen Prozessen.
7. Hypnose-Therapie / Hypnose-Coaching
Zunächst gilt: Das hauptsächliche Einsatzgebiet der Hypnose ist das Begleiten von Menschen.
Hypnose ist dabei ein wichtiges Werkzeug der Veränderungsarbeit – und dies aus guten Gründen. Die Methode konzentriert sich nämlich auf den Bereich, an dem Menschen oft hilflos erscheinen und wo unser Denken, Fühlen und Handeln ausserhalb unserer bewussten Wahrnehmung stattfindet: Es sind unbewusste Prozesse. Diese würden wir im Alltag eher als Routine, Gewohnheit, Muster oder Gepflogenheit bezeichnen. An diesen Punkt können Coaches oder Therapeuten mit Hypnose ansetzen, um die Veränderung für ihre Klienten leichter zu machen.
Hypnose hilft dabei effektiv bei unterschiedlichen mentalen und emotionalen Gesundheitsproblemen. Darunter fallen Phobien, Angstzustände, Stress, Panikattacken, Gewichtsprobleme, ungewollte Verhaltensweisen sowie Schlafstörungen. Hypnose kann auch bei der Bewältigung von Abhängigkeiten und Süchten, chronischen Schmerzen sowie bei psychosomatischen Beschwerden wie Magengeschwüren, Kopfschmerzen oder Fibromyalgie unterstützen.
Vorausgesetzt ist der Wille von Klienten, an der persönlichen Herausforderung zu arbeiten. Es bleibt eine freiwillige Handlung.
6. Jede Hypnose ist eine Selbsthypnose
Es mag überraschen, aber Du benötigst keine besondere Person wie einen Hypnotiseur, um hypnotisiert zu werden. Du brauchst nur Dich selbst und das Wissen dazu. Jede Hypnose ist per se eine Selbsthypnose und von jedem erlernbar. So kannst Du Dich selbst und Deine Gedanken beeinflussen, wie es bewusst kaum möglich ist.
Wenn Du die Selbsthypnose zum ersten Mal ausprobierst, ist es wichtig zu verstehen, um welche Art von Erfahrung es sich handelt. Wir alle kennen dieses Gefühl bereits durch Tagträume oder der eigenen Gedankenversunkenheit in Tram oder Zug. Je mehr Du allerdings Selbsthypnose praktizierst, desto besser kannst Du diese Fähigkeit nutzen: Sportler nutzen diese, um sich für Wettkämpfe vorzubereiten. Schüler und Studenten können Selbsthypnose zur Konzentration, aber auch zur Entspannung nutzen.
Es geht bei der Selbsthypnose darum, seine Aufmerksamkeit gezielt lenken und seine innere Gefühlswelt bewusst steuern zu können. Und Studien zeigen sogar, dass die Selbsthypnose Patienten helfen kann, das Immunsystems des Körpers zu stärken (vgl. Morey et al., 2015).
Wenn Du Selbsthypnose selbst erlernen möchtest, empfehlen wir Dir diesen Artikel mit einem Buchtipp: „Selbsthypnose: Ein Handbuch zur Selbsttherapie“.
5. Hypnoseinduktion: Die Aufmerksamkeit nach innen richten
Die sogenannten «Induktionen» stehen am Beginn einer Hypnose. Sie sind die Vorgehensweisen, sodass der Klient seine Aufmerksamkeit nach innen und auf sich richtet. Es gibt verschiedene Techniken und Ansätze zur Induktion, die von Hypnotiseuren verwendet werden.
Eine Technik ist die Nutzung von Visualisierungen, Metaphern und Imagination. Durch seine Vorstellungskraft auf beruhigende und entspannende Bilder oder Situationen bringt sich der Klient in seinen entspannten, konzentrierten und nach innen gerichteten Zustand. Die Wortwahl des Hypnotiseurs hat dabei einen sehr unterstützenden Effekt haben (vgl. Alman & Lambrou, 2015; McGill, 2004).
Wenn Du Selbsthypnose verwendest, kannst Du Audioaufnahmen von Dir machen. Hierbei kannst Du für Dich entscheiden, wie Deine Induktionen formuliert sind und was sie beinhalten. Überdies kannst Du Deine Audioaufnahmen noch mit passenden Suggestionen ergänzen. Suggestionen werden positiv formulierte Sätze genannt, um ein angestrebtes Ziel zu erreichen.
4. Kreativität
Ein hypnotischer Zustand ist ein kreativ-mentaler Zustand. In diesem Zustand können wir uns Dinge vorstellen, die sonst unmöglich sind. Vielleicht ist es sogar eher ein kindlich-kreativ-mentaler Zustand. Das heisst, Du kannst Dinge träumen, die sonst nicht möglich wären. Dadurch können andere Handlungsmöglichkeiten, innere Ressourcen sowie ein förderliches Mindset entwickelt werden, um Lösungswege zu finden.
Ein kreatives Element in der Hypnose können etwa Metaphern sein.
Metaphern
In der Studie aus dem Jahr 2021 ging es darum, dass Studienteilnehmende persönliche Metaphern bilden sollten. Diese Metaphern sollten ihnen als Leitsatz dienen, um an ein unangenehmes persönliches Ziel, Thema oder eine unangenehme Verpflichtung anzugehen. Ein Beispielsatz hierzu lautete: „Mit der inneren Stärke eines Bären gehe ich voran“. — Es zeigte sich, dass sich durch die Bildung von Metaphern das persönliche Erleben und die innere Haltung der Studienteilnehmenden positiv veränderte: Die Teilnehmenden empfanden die Unannehmlichkeit als angenehmer. Auch zeigte sich, dass sich die Zielstrebigkeit bei den Studienteilnehmenden erhöhte.
Gezielt eingesetzte Metaphern beeinflussen das persönliche Erleben, fördern die Aktivitätsbereitschaft und Zielstrebigkeit bei einem Vorhaben und führen sogar dazu, dass unangenehme Ziele und Vorhaben als angenehmer empfunden werden (vgl. Dyllick et al., 2021).
3. Einsatz in der Medizin
Hypnose wurde bereits im 18. Jahrhundert in Operationen eingesetzt – zu einer Zeit, als es noch keine Anästhetika gab (d. h. Medikamente, die für eine begrenzte Zeit das Schmerzempfinden ausschalten). James Esdaille dokumentierte 3’000 leichte und 300 schwere Operationen unter Hypnose, bis zu Gehirnoperationen und Amputationen. Nachdem die Anästhesie entdeckt wurde, geriet der Einsatz von Hypnose in der Medizin in Vergessenheit.
Heute entdecken viele Zahnärzte und vermehrt auch Krankenhäuser den Nutzen der Hypnose im klinischen Bereich wieder. Als prominentes Beispiel steht das Universitätsspital in Genf. Einen Einblick in die Wirkungsfähigkeit bietet der SRF-Beitrag „Trance statt Betäubung: Was kann Hypnose?“. Er dokumentiert eine Operation am Handgelenk, die unter Hypnose durchgeführt wird.
2. Bewusstsein: Nicht schlafend, sondern hoch konzentriert
Anders, als eine beobachtete Hypnose vermuten lässt, ist man nicht schlafend, sondern hoch konzentriert. Wissenschaftliche Untersuchungen haben ergeben, dass man sogar in einem erhöhten Zustand der Aufmerksamkeit ist. Diese starke Aufmerksamkeits-Fokussierung ist so, als würdest Du etwas Spannendes im Fernsehen anschauen und dabei nicht mitbekommen, wie Du gerufen wirst. Folgende drei Punkte zeigen den Unterschied zwischen Schlaf und Hypnose.
Fokussierung
Studien zeigen, welche Gehirnregionen im Hypnose-Zustand aktiv sind und die hohe Fokussierung ausmachen. Im Jahr 2013 zeigte eine Studie, dass Hirnregionen besonders aktiv sind, die mit der Entstehung von Bildern und Vorstellungen im Zusammenhang stehen (vgl. Jensen et al., 2013). Die erhöhte nach innen gerichtete Fokussierung geht darauf zurück, dass insbesondere der rechte Teil des präfrontalen Kortex aktiv ist. Die Region liegt im Stirn- und Schläfenbereich und ist entscheidend beim Entscheiden und lösen von Problemen (vgl. Cristofori et al., 2016; Jiang et al., 2017).
REM-Augenbewegungen
Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal sind die Augenbewegungen, die Menschen unter Hypnose oder im schlafenden Zustand machen: Die für den Schlaf typischen REM-Augenbewegungen (Rapid Eye Movement) zeigen sich nicht in Hypnose (vgl. Suarez, 2014).
Hypnose ist mit Schlaf somit nicht gleichzusetzen. Eine tief schlafende Person reagiert auch teils gar nicht, wenn sie mit moderater Stimme angesprochen wird. Im Zustand der Hypnose ist das Gegenteil der Fall: Eine Person ist aufnahmefähig, sie ist zu logischem Denken fähig und verarbeitet die Worte des Hypnotiseurs – auch wenn sie die Augen geschlossen hat.
Gehirnströme
Zudem zeigen sich zwischen Schlaf und Hypnose Unterschiede in den Hirnströmen: Unter Hypnose wechseln sich Alpha-Wellen, die bei entspanntem Wachsein auftreten, mit Beta-Frequenzen, die für erhöhte Konzentration stehen, ab. Im schlafenden Zustand ist der Wechsel zwischen Alpha-Wellen und Beta-Frequenzen nicht vorhanden (vgl. Suarez, 2014).
1. Selbstkontrolle & Selbstverantwortung
Vermutlich ist eines der grössten Missverständnisse der Hypnose, dass in Hypnose Menschen gegen ihren Willen kontrolliert werden könnten. Jedoch wird eine hypnotisierte Person nie etwas tun, was gegen ihre moralischen Vorstellungen geht.
Die Person behält während der Hypnose volle Kontrolle. Der falsche Glaube, dass man unter Hypnose die Kontrolle verliert, wird nur durch Filme, TV-Serien, Zeitschriften und Bücher verbreitet und durch Show-Hypnose verstärkt.
Die Tatsache ist, dass der Erfolg einer Hypnose hauptsächlich von der hypnotisierten Person abhängt und nicht vom Hypnotiseur. Wie schon erwähnt, ist während eine hypnotisierte Person sehr aufmerksam und konzentriert und versteht die Anweisungen des Hypnotiseurs. Und sie kann jederzeit entscheiden, ob sie den Anweisungen des Hypnotiseurs folgen möchte oder nicht.
Zum Schluss noch einmal zwei wichtige Punkte zur Hypnose:
- Eine vertrauensvolle Beziehung bildet eine feste Grundlage für eine beidseitig erfolgreiche Hypnosebehandlung. Drei wichtige Voraussetzungen: Ist der Klient bereit und entschlossen, Veränderungen vorzunehmen? Ist der Hypnotiseur bereit, mit dem Klienten zusammenzuarbeiten? Hat der Klient Vertrauen in die Fähigkeit des Hypnotiseurs, ihn zu unterstützen? Wenn alle drei Fragen mit Ja beantwortet werden, ist die Grundlage gelegt.
- Jede Hypnose ist eine Selbsthypnose. Es ist die entscheidende Haltung, die jedem mehr Sicherheit und Ziel für eine Hypnosebehandlung gibt. Wie oben erwähnt, behält jeder unter Hypnose die Kontrolle, Aufmerksamkeit und Geistesgegenwart. Der Hypnotiseur gibt der Person Anweisungen, die sie befolgen kann. Das hilft dabei, sich zu verbessern und ihre Ziele zu erreichen.
Resümee
Das hauptsächliche Einsatzgebiet der Hypnose ist das Begleiten von Menschen. Hypnose nutzt dabei einen suggestiblen Zustand. In diesem gibt der Hypnotiseur Anweisungen, die den Klienten dabei unterstützen, seine Aufmerksamkeit ganz auf sich zu richten. Zur Veränderungsarbeit setzt die Hypnose beim Denken, Fühlen und Handeln an, welches ausserhalb der bewussten Wahrnehmung liegt und eher als festgefahrene Muster, Routinen oder Gewohnheiten bezeichnet werden.
Die Einsatzgebiete für Hypnose sind zudem vielfältig. Diese beginnen bei Phobien, Angstzustände, Stress, Gewichtsprobleme und reichen bis hin zur Bewältigung von Abhängigkeiten und Süchten, chronischen Schmerzen sowie psychosomatischen Beschwerden.
Der hypnotische Zustand ist ein sehr kreativer Zustand und lässt eine Person buchstäblich „über den Tellerrand“ schauen. Er weitet den Blick für neue Handlungsmöglichkeiten und Lösungsansätze. Metaphern und Visualisierungen sind dabei häufig eingesetzte Techniken. Mittlerweile findet die Methode Hypnose auch wieder mehr Einzug in die Medizin. Zahnärzte und Krankenhäuser nutzen diese Methode, die auch schon im 18. Jhd. zur Durchführung von Operationen eingesetzt wurde.
Eine wichtige Unterscheidung liegt zwischen Hypnose und Schlaf. Es sind beide verschiedene Zustände. Studien zeigen dies anhand der Aktivitäten bestimmter Gehirnregionen. Unter Hypnose ist ein Mensch hoch konzentriert und es werden Gehirnregionen aktiviert, die bei der Entstehung von Bildern und Vorstellungen aktiv sind, beim Problemlösen und der Entscheidungsfindung. Zudem zeigen sich in Hypnose andere Hirnströme, als während des Schlafes. Ausserdem bleiben die typischen REM-Augenbewegungen aus.
Jede Hypnose ist per se eine Selbsthypnose. Das unterstreicht, dass Menschen unter Hypnose ihre Kontrolle und Geistesgegenwart behalten. Und zu guter Letzt: Showhypnosen haben mit dem, was Hypnose zu einer wertvollen Behandlungsmethode macht, wenig zu tun. Sie überzeugen lediglich durch geschickte Schaustellerei und einem erzwungenen „Mitmach-Effekt“.
Die wissenschaftliche Erforschung zum Thema Hypnose ist ein kontinuierlicher Prozess, und es werden fortlaufend neue Erkenntnisse gewonnen. Das unterstützt weiterhin ein besseres Verständnis dieser Behandlungsmethode und ihrer Wirksamkeit als therapeutisches Werkzeug.