Alkoholsucht im Coaching

Alko­hol­sucht im Coa­ching

In unse­rem beruf­li­chen All­tag als Coach und Hyp­no­s­ethe­ra­peut sind wir oft mit fol­gen­den Fra­gen kon­fron­tiert: „Kann ich den Kli­en­ten wei­ter coa­chen oder wäre eher eine andere Behand­lung rich­tig? Wo sind meine Gren­zen? Und wie erkenne ich sie?“ Erst kürz­lich musste ich nach drei Sit­zun­gen ein Coa­ching abbre­chen und eine spe­zi­fi­sche The­ra­pie emp­feh­len. Der Grund: Eine ver­mu­tete Alko­hol­sucht.

Am Äus­se­ren, dem Ver­hal­ten und an den Bemer­kun­gen kam in mir die Ver­mu­tung auf, dass meine Kli­en­tin unter einer Such­t­er­kran­kung lei­den könnte. Die Dame war eine gepflegte Erschei­nung, wirkte aber aus­ge­zehrt, ner­vös und erschöpft. Sie wirkte älter als die 55 Jahre, die sie angab. Auf­fäl­lig war, dass sie jedes Mal, bevor sie in mein Büro kam, kurz auf die Toi­lette musste und ich anschlies­send eine leichte Alko­hol­fahne bemerkte.

Ich konnte aber nicht direkt fest­stel­len, ob sie betrun­ken war und ob eine Alko­hol­sucht vor­lie­gen würde. Für mich war nur ein leich­tes Auf­merk­sam­keits­de­fi­zit und eine Ver­lang­sa­mung im Gespräch fest­stell­bar. Es war auf­fäl­lig, dass sie wäh­rend des Coa­chings die The­men häu­fig wech­selte und dabei vor allem auf ihre kör­per­li­chen Gebre­chen fokus­siert war. Mein Coaching-​​Auftrag war jedoch der Wie­der­ein­stieg in den Beruf. Sie erwähnte im Coa­ching, dass sie bereits in psych­ia­tri­scher Behand­lung war, wollte aber nicht näher dar­auf ein­ge­hen, was die The­ma­tik war. Im Grunde genom­men kann es im Coa­ching häu­fig vor­kom­men, dass Kli­en­ten eine frü­here psych­ia­tri­sche Behand­lung über­haupt nicht erwäh­nen. In vie­len Fäl­len ist das auch voll­kom­men unpro­ble­ma­tisch.

Die Anzei­chen waren unmiss­ver­ständ­lich

Im wei­te­ren Ver­lauf der Sit­zung fiel mir die röt­li­che Ver­fär­bung ihrer Hand­bal­len auf. Typi­scher­weise kann das ein Zei­chen einer Alko­hol­sucht sein. Bis zu die­sem Punkt war ich nur dar­auf sen­si­bi­li­siert, dass da etwas vor­lie­gen könnte, aber nicht muss. Das war ein wei­te­res Puz­zle­teil­chen.

In der drit­ten Sit­zung sprach ich sie vor­sich­tig dar­auf an, dass mir ihr Alko­hol­ge­ruch auf­ge­fal­len sei und ob sie ein Alko­hol­pro­blem habe. Dabei war ich mir bewusst, dass ich unter Umstän­den keine adäquate und ehr­li­che Ant­wort bekom­men würde. Auch wäre es mög­lich, dass sie das Coa­ching sofort abbre­chen würde. Es war mir jedoch wich­tig, dies anzu­spre­chen, damit ich für sie das Beste tun konnte.

Sie baga­tel­li­sierte und ant­wor­tete, dass sie gele­gent­lich zum Apéro ein „Whis­keli“ neh­men würde, und war ver­ständ­li­cher­weise erbost über meine Frage. Ein Zei­chen für mich, dass hier irgend­et­was nicht stimmte. Ein typi­sches Ver­hal­ten bei Sucht­kran­ken ist, dass sie keine genaue Aus­kunft geben wol­len, baga­tel­li­sie­ren und nicht zu ihrer Krank­heit ste­hen. Ich zeigte ihr des­halb meine Gren­zen des Coa­chings auf und legte ihr nahe, wie­der zu ihrer Psych­ia­te­rin zu gehen.

Im Zwei­fels­fall für den Kli­en­ten ent­schei­den

Es war mir bewusst, dass ich auf die Schnelle keine Dia­gnose (auf Alko­hol­sucht) stel­len kann. Durch meine lang­jäh­rige Erfah­rung mit Pati­en­ten mit einer Such­t­er­kran­kung beschloss ich trotz­dem, das Coa­ching abzu­bre­chen und ihr meine Emp­feh­lung aus­zu­spre­chen. Ich hatte ein­fach kein gutes Gefühl mehr.

Als Coach und Hyp­no­s­ethe­ra­peut bist Du beson­ders auf Deine eigene Wahr­neh­mung ange­wie­sen, damit Dein Coa­ching keine Grat­wan­de­rung wird. Vor allem dann, wenn Kli­en­ten nicht offen­sicht­lich betrun­ken zur Sit­zung erschei­nen. Die dar­auf­hin in den Sit­zun­gen prä­sen­tier­ten The­men len­ken in der Regel vom Haupt­pro­blem ab und sind nicht ziel­füh­rend.

Wenn die Such­t­er­kran­kung im Vor­der­grund steht, wäre es zuerst nötig, einen kör­per­li­chen Ent­zug zu machen. Dann, in einem zwei­ten Schritt, kann an ein Coa­ching, eine WingWave-​​ oder Hyp­no­se­be­hand­lung gedacht wer­den.

Alko­hol­sucht ist kon­tra­in­di­ziert

Da Alko­hol­sucht und Alko­hol­miss­brauch Ein­fluss auf das Gehirn hat, ist eine Hyp­nose vor einem kör­per­li­chen Ent­zug nicht indi­ziert. Es macht jedoch Sinn, nach einem Ent­zug in der Reha­bi­li­ta­ti­ons­phase zusam­men mit einem Psych­ia­ter /​ Psy­cho­lo­gin /​ Haus­arzt eine Hyp­no­s­ethe­ra­pie zu machen. Dann steht auch das Thema Sucht im Vor­der­grund.

In der Fach­wei­ter­bil­dung Grund­wis­sen Psy­cho­pa­tho­lo­gie erhältst Du Werk­zeuge und theo­re­ti­sches Wis­sen über ver­schie­dene Krank­heits­bil­der, damit u. a. sol­che Fälle wie mei­ner für Dich keine Stol­per­fal­len wer­den. Nach mei­ner 35-​​jährigen Erfah­rung mit psy­chisch kran­ken Men­schen kann ich jedem Coach und The­ra­peu­ten diese Fach­wei­ter­bil­dung nahe­le­gen. Um Men­schen in ihre Best­leis­tung zu brin­gen, ist es gut, dass Du weisst, wo Deine Gren­zen sind.

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